Der Maulkorb - die Balance zwischen Sicherheit und Selbstbestimmung

von Simone Mangold

 

In letzter Zeit habe ich mich oft in Gesprächen über den Maulkorb wiedergefunden, und es ist interessant zu sehen, wie sich die Sichtweise darauf verändert hat. Einst war der Maulkorb nur ein Sicherheitsutensil für "gefährliche Hunde", heute ist er oft schon ein modisches Statement - naja, fast. Die Bewegung, die das Verständnis für die verschiedenen Gründe der Verwendung des Maulkorbs fördert, hat viel dazu beigetragen, das Stigma abzubauen. Super Sache! Aber gehen wir vielleicht ein bisschen zu weit? Nutzen wir Maulkörbe, ohne wirklich über die ethischen Aspekte nachzudenken? 

Im besten Fall bedeutet ein Hund mit Maulkorb, dass der Hundehalter verantwortungsbewusst, aber auch einfühlsam ist für die Bedürfnisse seines Hundes und anderer. Wie bei vielen Dingen im Leben kann man auch hier übertreiben. Es wird gesagt, dass jeder Hund einen Maulkorb ohne Probleme tragen, wenn er gut daran gewöhnt ist. Oder dass Hunde mit Maulkorb glücklich sind. Das erinnert mich an die C-Pandemie und die Maskenpflicht - als Mensch konnte ich, mehr oder weniger, nachvollziehen, warum ich eine Maske tragen musste. Aber es war trotzdem stressig, und als die Maskenpflicht endete, war das eine große Befreiung. 

Kommunikation ist wichtig - mit jemandem zu plaudern und scherzen tut gut. Mit Maske schien es, als würden sich die Menschen aus dem Weg gehen, was die Kommunikation spürbar erschwerte. Bei Hunden ist das ziemlich ähnlich. Sie nutzen ihr Maul nicht nur zur Kommunikation, sondern auch, um die Welt zu erkunden - so wie wir unsere Hände benutzen. Ein Maulkorb kann diese Fähigkeit einschränken und sogar Stress verursachen. Wir schränken sie also nicht nur in ihrer Kommunikation, sondern auch in anderen normalen Verhaltensweisen ein. 

Hunde erkunden Dinge mit ihrem Maul, was ihnen Wahlmöglichkeiten, Selbstvertrauen und Autonomie gibt. Sie benutzen ihre Nase oder Zunge, um Objekte zu untersuchen. Mit Maulkorb ist das fast unmöglich. Sie verteidigen sich mit ihrem Maul, ähnlich wie wir jemanden wegschieben würden, wenn wir bedroht werden. 

Auch wenn wir nicht wollen, dass Hunde beißen, kann das Verhindern zu erhöhtem Stress führen und die Wahrscheinlichkeit,  dass sie beißen, sogar erhöhen. 

Viele Hunde halten Gegenstände zur Beruhigung fest - ähnlich wie ein Baby seinen Schnuller oder Erwachsene, die sich an irgendwas festkrallen. Maulkörbe können bewirken, dass Hunde auf andere Hunde gruselig wirken. Subtile Kommunikation mit dem Gesicht kann das Gegenüber nicht wahrnehmen. 

 

Ich bin nicht gegen Maulkörbe - sie können Leben retten. Wir bieten Maulkorbberatungen an, damit Hunde zumindest nicht unter schlecht sitzenden Maulkörben leiden müssen. Wir sollten aber darauf achten, dass wir Maulkörbe nicht zu etwas  machen, was sie nicht sind. Egal wie gut ein Hund an einen Maulkorb gewöhnt ist, wenn er die Wahl hätte, würde er sich gegen das Tragen des Maulkorbs entscheiden. Wenn sich ein Hund anscheinend mit Maulkorb wohlfühlt, ist es dennoch wahrscheinlicher, dass er sich ohne Maulkorb entspannter und wohler fühlt. 

Mit Maulkorb besteht vermehrt die Gefahr, dass wir Hunde in Situationen bringen, auf die sie nicht vorbereitet sind. Wenn sie sich dann wie wild gebären, knurren oder schnappen, heißt das noch lange nicht, dass sie tatsächlich zubeißen würden. 

Bezüglich Bissprävention ist professionelle Einschätzung und Unterstützung unabdingbar, um festzustellen, ob ein Hund wirklich ein Risiko darstellt. 

 

Für Hunde, die Ressourcen verteidigen oder am Pica-Syndrom leiden, kann das Tragen eines Maulkorbs die Situation verschlimmern, weil es die Objekte der Begierde noch wichtiger macht. Hier muss in erster Linie mit Verhaltenstherapie behandelt werden. 

Andererseits gibt es Situationen, in denen das Tragen eines Maulkorbs notwendig ist, z.B. im Urlaub an öffentlichen Plätzen, in Bus & Bahn, beim Tierarzt etc. Dennoch sollten wir daran arbeiten, im Alltag so schnell wie möglich ohne Maulkorb klarzukommen. 

 

Um unsere Hunde selbstbewusster und damit resilient zu machen, sollten wir ihnen so viele Freiheiten wie möglich geben. 

Sicherheit ist wichtig, aber unsere Risikobewertungen sollten fundiert sein und nicht nur aus unseren eigenen Ängsten - und, wenn wir ganz ehrlich sind, manchmal aus unserer Bequemlichkeit - resultieren. 

 

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